Die Myxomatose wird durch das Myxomavirus (MYXV), einem Virus aus der Familie der Pockenviren hervor gerufen. Bei Wildkaninchen kommt es deutschlandweit immer wieder zu Myxomatose-Ausbrüchen mit Mortalitätsraten von bis zu 90 %. Dabei sind v. a. Populationen mit hohen Bestandsdichten und einer geringen Immunität betroffen. Überragen wird das Virus durch Stechinsekten sowie Körperflüssigkeiten. Der Kaninchenfloh spielt bei Wildkaninchen die Hauptrolle als Überträger, aber auch Stechmücken übertragen den Erreger. Da im Jahresverlauf die Populationsdichte der Wildkaninchen im Spätsommer am höchsten ist und dann auch (klimatisch bedingt) die Hauptsaison der Stechinsekten ist, häufen sich die Myxomatose-Ausbrüche in unseren Breiten häufig im Monat August.
Bislang galt die Erkrankung als kaninchenspezifisch und nur ganz sporadisch finden sich Nachweise von Myxomatose bei Feldhasen (Lepus europeus). Erste Fälle wurden in Frankreich und Irland in den 1950ern und zuletzt in Großbritannien 2014 beschrieben. Die infizierten Feldhasen zeigten dabei keine oder nur milde Krankheitsanzeichen.
Im Jahr 2018 kam es jedoch zu schweren Ausbrüchen in Spanien beim Iberischen Feldhasen (Lepus granatensis). Die Fälle wurden zwischen Juli und September 2018 gemeldet und die Krankheit breitete sich dann schnell in umliegende Gebiete aus. Die Mortalität bei den Iberischen Feldhasen lag bei 55 %, während die dort ansässigen Wildkaninchen nicht betroffen waren. Durch aufwendige Forschung konnte eine neue Virusvariante des Myxomavirus (ha-MYXV) als Auslöser identifiziert werden.
Als Überträger des neuen Virusstammes wurden Stechmücken vermutet, da z. T. große Distanzen zwischen den Ausbruchsorten festgestellt werden konnten. Die Erkrankung trat auch in den Folgejahren auf und verbreitete sich weiter. In einigen der betroffenen Gebiete gingen die Jagdstrecken des Feldhasen in den folgenden Jahren um bis zu 60 % zurück.
In den letzten Wochen wurden im Raum Wesel vermehrt Fälle von Myxomatose bei Feldhasen beobachtet. Durch die Einsendung verendeter Individuen konnte in den Chemischen und Verterinäruntersuchungsämtern (CVUÄ) eine eindeutige Diagnose gestellt werden. Zudem wurde Bild- und Probenmaterial gesichert, um die Fälle hinreichend zu dokumentieren. In Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung (FJW) soll in den kommenden Wochen weitere Diagnostik eingeleitet werden. Es handelt sich nach aktuellem Wissensstand um die ersten Nachweise der Erkrankung bei Feldhasen in Deutschland!
Um sich ein realistisches Bild von diesem bislang einmaligen Ausbruchsgeschehen machen zu können sowie die weitere Ausbreitung in der Feldhasenpopulation einzuschränken, bittet die FJW die Jägerschaft und zuständige Behörden um Mithilfe:
- Bitte sammeln und dokumentieren Sie verendete Feldhasen und melden Sie diese über die zuständige Behörde an die FJW (fjw@lanuv.nrw.de)
- Senden Sie verendete oder krank erlegte Feldhasen zur Untersuchung an die CVUÄ, damit gesicherte Diagnosen gestellt werden können. Übrige Feldhasen sollten aus der Umgebung geborgen und unschädlich beseitigt werden (bei mehreren Tieren über die Tierkörperbeseitigung; bei einzelnen Tieren muss die entsprechende Entsorgung vorher mit der örtlich zuständigen Veterinäramt geklärt werden: https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/verbraucher/pdf/2018_11_12_LANUV_Handout_Fallwild.pdf), damit sich der Erreger nicht weiter verbreiten kann
- Bitte melden Sie auftretende Fälle von Myxomatose bei Wildkaninchen im selben Gebiet und senden Sie auch hier Tierkörper zur Untersuchung an die CVUÄ ein
- Führen Sie im Herbst eine Feldhasen-Zählung (Scheinwerfer-Taxation) durch und melden Sie die Ergebnisse wie gewohnt an den Landesjagdverband.
Passen Sie die Bejagung Ihres Bestandes entsprechend der Zählergebnisse und der aktuellen Bestandssituation an
Dr. Luisa Fischer, FJW