Blattschlagen

das (Waidmesserschlagen, Waidmessergeben, Waidblattgeben, Pfundegeben): Ein uralter Jagdbrauch, der in vielen alten jagdlichen Aufzeichnungen festgehalten ist. 


Dieses B. oder Pfundegeben (wobei unter einem Pfund ein Schlag mit der flachen Klinge des Waidblattes auf das Gesäß des Jägers verstanden wurde) wurde bei einem jagdlichen Verstoß oder bei sonstigem unwaidmännischem Verhalten durchgeführt.
Ursprünglich verwendete man hierfür das Waidblatt (Waidmesser); gegen Anfang des 19. Jh. setzte sich aber immer mehr der Hirschfänger, die Paradewaffe des hirschgerechten Jägers (hirschgerechte Jäger (hirschgerecht)), durch.

Wenn auch das B. immer einem festen Ritual unterlag, so haben sich doch im Wandel der Zeit die verschiedensten Formen des zeremoniellen Ablaufs herausgebildet. M. Strasser von Kollnitz schrieb in seiner im dritten Jahrzehnt des 17. Jh. entstandenen Handschrift: “Wan man ainen Waidmann umb dergleichen Versprochen wil mit dem Waidmösser strafen, so sol man in lassen zu ainer Pankh, oder zu einem umbgefallenen Paumb, Stockh, Pichele oder Stain niederknien lassen … ime das Waidmösser zu jeder Erzöllung aines begangenen Fals zümblich empfindlich auf den Arsch schlagen.”
200 Jahre später führt S. Behlen in seinem “Real- und Verbal-Lexicon” (1843) an, dass der Delinquent als Unterlage die Brüche der besten zur Strecke gebrachten Hirsche erhält und sich nicht wie bei Strasser auf einem Baumstumpf oder Erdhügel niederknien muss. Nach einem 1852 erschienenen “Lehrbuch der Jagd” musste sich hingegen der Verurteilte über einen Hirsch oder eine starke Sau legen und erhielt, je nach der Höhe seines Ranges, entweder vom Chef der Jägerei oder von einem Forstmeister drei Pfunde (Schläge bzw. Streiche) mit der flachen Klinge des Hirschfängers auf das Hinterteil. Zu dieser Zeit war es üblich, dass der Verurteilte folgendes rufen musste: (beim ersten Schlag) “Dies für meinen Fürsten [bzw. Grafen usw.] und Herrn”, (beim zweiten) “dies ist für Ritter, Reiter und Knecht”, (beim dritten) “das ist fürs edle Jägerrecht”. Nach der Bestrafung lüftete die anwesende Jägerschaft den Hirschfänger und stieß einen Jägerschrei (Jagdgeschrei) aus. Der Bestrafte hatte sich nach der Zeremonie durch eine Verbeugung gegen die Jagdgesellschaft zu bedanken. In dieser Strafe lag selbstverständlich nichts Entehrendes, sie sollte im Gegenteil erheiternd, aber zugleich erzieherisch wirken.
In dem 1751 in Augsburg erschienenen Jagdlehrbuch “Aufrichtiger Lehrprinz” von C.von Heppe wird sogar die Behandlung von Damen erläutert, die wegen kleiner Verstöße in der Waidmannssprache und in waidmännischen Handlungen scherzhaft bestraft wurden: “Ist nun die Person eine vornehme Dame, so macht sich der Fürst selber das Vergnügen, solche Strafe an ihr zu vollziehen.” Musste es sich der männliche Delinquent gefallen lassen, dass ihm vor der Strafe die Jäger die Rockzipfel und Hosen fein glatt strichen, so wurde der adeligen Dame vom Hofjäger persönlich “das Oberkleid und Reifröckchen auf den Rücken gelegt”.

Das B. wurde in neuerer Zeit durch das Jagdgericht ersetzt, das nach einer Gesellschaftsjagd und nach dem sog. Schüsseltreiben zusammentritt. An Stelle des Hirsches trat ein Stuhl, für die Verurteilung wird das Jagdgericht einberufen. Es besteht aus drei Jägern, dem Vorsitzenden, dem Ankläger und dem Büttel, der in heiterer Weise die Sitzung gestalten muss.
Während des Dritten Reiches war es üblich, dass der Verurteilte vom Büttel die drei Schläge erhielt, wobei der Jagdrichter rief: “Jo ho, das ist für unser deutsches Reich; jo ho, das ist für Jäger, Ritter und Knecht; jo ho, das ist das edle Jägerrecht.”
Soweit heute noch Jagdgerichte zusammentreten, richtet sich die Strafe nach der Schwere des Vergehens und nach den Vermögensverhältnissen des Angeklagten. Die Strafe erfolgt auch nicht mehr in Form von Schlägen mit dem blanken Waidblatt oder Hirschfänger, sondern in die Jagd oder Treiberkasse muss Geld abgeführt werden.

WmH
Bernd Meyer

(Quelle: www.wildhund.de)